Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Diagnose


Immer wiederkehrende, spontan auftretende Entzündungen des Darms ohne nachweisbare Infektion werden als chronisch entzündliche Darmerkrankungen bezeichnet. Zwei Erkrankungstypen sind unterscheidbar:

Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa

Beide Erkrankungen treten im jungen Lebensalter erstmals auf, aber sehr selten bei Kindern unter 15 Jahren. Die Erkrankungen treten schubweise ohne erkennbaren Grund auf und können von selbst, ohne äußeres Zutun, wieder zurückgehen (Akuter Schub-Remission). Beide Erkrankungen sind in ihrem Verlauf oft sehr milde, mit seltenen Schüben und nicht sehr starker Aktivität. Sie können aber auch sehr aggressiv verlaufen, mit großem Einfluss auf die Lebensqualität.

Beide Erkrankungen sind heute noch nicht heilbar.
Die Krankheit wird Sie Ihr Leben lang begleiten.

 

Was spricht für eine Colitis ulcerosa?

Das Hauptmerkmal einer Colitis ulcerosa (CU) sind sichtbare Blutbeimengungen im Stuhl und eine erhöhte Stuhlfrequenz.

 

Was spricht für einen Morbus Crohn?

Für einen Morbus Crohn (MC) sprechen Schmerzen im rechten Unterbauch, Gewichtsverlust, allgemeines Krankheitsgefühl und Blutbeimengungen im Stuhl. Auch Beschwerden am Analkanal sind typisch für einen MC.

 

Welche Erkrankung ist ‚schlimmer‘, der Morbus Crohn oder die Colitis ulcerosa?

Bei milden Verläufen zeigen beide Erkrankungen nur geringe Symptome. Beim Morbus Crohn ist vor allem das Auftreten von Fisteln und Abszessen um den Anus und um das Genitale sehr belastend. Fisteln sind kleine Gänge im Gewebe mit nässenden Öffnungen in der Haut. Fisteln treten aber nur bei einem Teil der Patienten mit Morbus Crohn auf und sind sehr selten bei der CU.

 

Welche Untersuchungen sind erforderlich?

Besteht nur der Verdacht auf einen Morbus Crohn oder eine Colitis ulcerosa sind zur Sicherung der Diagnose eine körperliche Untersuchung mit Inspektion der Analregion, ein Ultraschall des Bauches, ein Labor, eine Coloskopie und bei Verdacht auf Morbus Crohn eine Gastroskopie, eine Computertomographie und eine Magnetresonanz des Dünndarms erforderlich. Bei bereits bekannter CU oder MC sind vor allem bei unklaren Beschwerden eine Blutabnahme, ein Ultraschall des Bauches, eine Endoskopie, eine Computertomographie oder eine Magnetresonanz sinnvoll.
Wenn keine Beschwerden vorhanden sind, sind Kontrollen des Blutbildes einmal (bis viermal) pro Jahr erforderlich.

 

Ist immer eine Darmspiegelung notwendig?

Zur Erstdiagnose ist immer eine Darmspiegelung sinnvoll. Dadurch ist erkennbar, wie viele und vor allem welche Abschnitte des Darms von der Erkrankung betroffen sind. Auch Gewebsproben werden bei dieser Untersuchung entnommen und vom Spezialisten im Mikroskop begutachtet.
Bei neu aufgetretenem Blut im Stuhl nach mehrjährigem Verlauf ist immer eine Coloskopie sinnvoll. Bei mehr als 15-jährigem Verlauf ist eine jährliche Coloskopie mit Entnahme von Gewebsproben als Vorsorge zu empfehlen.

 

Was erkennt der Arzt im Labor?

Eine akute und chronische Entzündung ist im Labor erkennbar. Eine Veränderung des Blutbildes gibt Hinweise auf einen Blutverlust. Erkennbar sind auch Nebenwirkungen durch Medikamente oder Beteiligung anderer Organe.

Gelenksschmerzen


Gelenksschmerzen können unabhängig von der Aktivität der Darmentzündung auftreten. Relativ häufig kommt es zu Entzündungen einzelner Gelenke, besonders die Kniegelenke und die Hüftgelenke können betroffen sein. Auch eine Beteiligung der Wirbelsäule, die sich besonders durch nächtliche „Kreuz“-oder Gesäßschmerzen äussert, kann vorkommen. Durch spezielle Röntgenuntersuchungen  können diese Entzündungen nachgewiesen werden. Der Einsatz von Cortison oder Antikörpern gegen Tumornekrosefaktor ist manchmal erforderlich.
Häufig treten allerdings auch Gelenksschmerzen auf, ohne dass sich eine Entzündung nachweisen lässt.

 

Behandlung

 

Wie gut ist die Behandlung?

Vor allem mit neuen Medikamenten sind die Erfolgsaussichten einer erfolgreichen, medikamentösen Behandlung in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

 

Bekomme ich Nebenwirkungen durch die Medikamente?

Bei allen Medikamenten, die über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, sind Nebenwirkungen möglich. Oft sind Nebenwirkungen sofort durch den Patienten selbst feststellbar. Manchmal sind sie allerdings nur durch Veränderungen des Blutbefundes erkennbar. Kontrollen des Blutbildes und bestimmter Blutwerte sind daher gerade deshalb regelmäßig erforderlich.

 

Ist Cortison immer erforderlich?

Cortison ist nicht immer erforderlich, stellt aber eine schnelle Möglichkeit dar, die Krankheit in Remission zu bringen. Cortison ist ein körpereigenes Hormon. Durch Einnahme von Cortison können Entzündungen zurückgedrängt werden. Bei kurzer, über Wochen dauernder Einnahme, sind Nebenwirkungen gering.

 

Ist eine Operation erforderlich?

Vor allem beim Morbus Crohn kann eine Operation sinnvoll sein. Bei ihr werden Verengungen des Darms oder Abszesse entfernt. Bei der CU ist eine Operation nur in schwersten Fällen notwendig.

 

Fisteln und Abszesse am Analkanal

Bei Beschwerden am Darmausgang sollte eine lokale Inspektion erfolgen. Der Arzt wird Ihren Anus anschauen um sich ein Bild zu machen. Für Sie selbst ist diese Körperregion nicht gut einsehbar. Oft ist auch die Durchführung einer Magnetresonanzuntersuchung sinnvoll. Bei Vorliegen eines Abszesses ist eine kleine Operation notwendig. Die Operation erfolgt in Vollnarkose und Sie müssen 1-2 Tage im Spital bleiben. Danach ist der Schmerz verschwunden und die Wunde kann ausheilen. Ein Faden wird oft zur Beschleunigung der Abheilung eingelegt und es erfolgt oft die Gabe eines TNF-Antikörpers.

 

Bekomme ich einen künstlichen Darmausgang?

Ein künstlicher Darmausgang ist nur in einzelnen Fällen erforderlich. Durch die neuen Untersuchungstechniken ist diese Wahrscheinlichkeit vor der Operation vorhersehbar. Bei einer Operation wird alles getan um einen künstlichen Darmausgang zu verhindern. Manchmal ist auch vorübergehend ein künstlicher Darmausgang sinnvoll (für einige Monate).

 

Medikamente

 

Mesalazin

Bei Auftreten von Durchfällen und Blutbeimengungen im Stuhl wirken Präparate mit Mesalazin. Die Dosis soll mindestens 3 g pro Tag sein und kann auf einmal oder in zwei Einzeldosen eingenommen werden. Die Präparate sind gleichwertig wirksam: Salofalk, Pentasa, Claversal und Mesagran. Oft ist auch die Gabe von Mesalazin als Zäpfchen oder als Einlauf sinnvoll.

 

Cortison

Bei fehlender Wirkung von Mesalazin hilft fast immer Cortison. Die Präparate heißen Urbason und Aprednislon. Sie wirken oft schon in 2-4 Tagen und sollen morgens in einer einzelnen Gabe eingenommen werden. Eine langsame, über Wochen dauernde Reduktion ist sinnvoll. Cortison soll nicht über einen langen Zeitraum eingenommen werden (weniger als 6 Monate).

 

Imurek

Bei Auftreten von mehr als einem Schub pro Jahr ist oft die dauernde Einnahme von Imurek® sinnvoll. Die Dosis kann auf einmal eingenommen werden. Das Medikament beginnt erst nach 3 Monaten zu wirken! Es verändert alle neu gebildeten weißen Blutkörperchen und es dauert 3 Monate bis diese unter der Behandlung neu gebildet worden sind. Die häufigsten Nebenwirkungen treten im ersten Monat auf. Kontaktieren Sie Ihren Arzt bei hohem Fieber, starken Schmerzen im Mittelbauch und starken Muskel- und Gelenksschmerzen.
Auch nach dem ersten Monat sind regelmäßige Kontrollen des Blutbildes erforderlich. Mindestens 4x pro Jahr muss bei Einnahme dieses Medikamentes die Anzahl der weißen Blutkörperchen kontrolliert werden. Sie dürfen einen Wert von 2500 nicht unterschreiten.

 

TNF Antikörper

Die Medikamente Remicade® und Humira® sind bei Morbus Crohn und gering auch bei Colitis ulcerosa wirksam. Als Eiweiße können sie nicht als Tablette eingenommen werden, sondern müssen gespritzt werden. Das Präparat Humira® spritzt der Patient selbst einmal alle 1-2 Wochen subkutan. Remicade® wird alle 8 Wochen als Infusion verabreicht. Beide Medikamente sind gleich wirksam und sehr teuer. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten bei genauer Indikation.

 

Komplementäre Medizin

Viele Behandlungen dieser Erkrankungen werden versucht. Vor allem Omega3-Fettsäuren (Fischölkapseln), Bosweliasäure (Weihrauchkapseln) und Bakterienpräparate (zB Mutaflor®) haben eine zusätzliche Wirkung gezeigt. Richtig dosierte Nahrungsergänzungen (Vitamine, Mineralien) sind in einzelnen Fällen von Vorteil. Vergleichen Sie die Inhaltsstoffe und auch die Kosten dieser Produkte. Viele Bakterien- und Vitaminpräparate sind nicht angebracht und stark überteuert! Versuche mit Homöopathie, Akupunktur und dem Spektrum der physikalischen Medizin sind möglich.

 

Symptomatische Behandlung

Oft lindern bestimmte Lebensweisen und auch bestimmte Medikamente Symptome wie Durchfälle, Krämpfe, Gelenksschmerzen. Imodium® oder Enterobene® reduzieren die Stuhlfrequenz. Sie ‚lähmen‘ den Darm, die Wirkung hält 6 Std an. Manchmal verschlimmern sie die Bauchschmerzen durch Steigerung der Gährungsprozesse und Steigerung der Gasbildung. Buscopan® lindert die Bauchkrämpfe durch Abschwächung der Darmbewegung. Eine ähnliche Wirkung hat lokale Wärme (Wärmflasche, warme Bäder). Bei Darmverengungen können jedoch beide Medikamente die Symptome verschlimmern!

Schmerzmittel dürfen nur vorsichtig eingenommen werden. Vor allem über einen längeren Zeitraum sollen Voltaren® uä NICHT eingenommen werden.

 

Soziale Aspekte

 

Kann ich meiner Arbeit nachgehen?

Bei gutem Ansprechen auf die Behandlung ist Arbeiten uneingeschränkt möglich. Bei einzelnen Berufsgruppen sind Episoden mit Durchfällen jedoch sicher mit Einschränkungen im Arbeitsleben verbunden. Ein Antrag auf einen erhöhten Kündigungsschutz ist möglich.

 

Darf ich Sport machen?

Ist die Krankheit nicht aktiv, ist jede Art von Sport möglich. Vor allem ist eine Steigerung des Muskel- und Knochenaufbaus durch Kraftsport anzuraten. Auch Ausdauersport ist zu empfehlen.

 

Bin ich belastbar?

Bei Aktivität der Erkrankung ist die Belastung durch berufliche und private Anforderungen deutlich reduziert. Das Wissen um diese Situation ist sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Partner von großem Vorteil.

 

Welchen Einfluss hat die Erkrankung auf mein Sexualleben?

Die Krankheit hat einen großen Einfluss auf das Sexualleben. Vor allem aus Sicht der Frau ist bei analer Beteiligung eine große Rücksichtnahme angebracht. Bei Auftreten von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr ist die Ursache oft eine Fistel zwischen Darm und Scheide. Sie kann bei frühen Formen medikamentös behandelt werden.

 

Ernährung

 

Kann ich alles essen?

Bei Durchfällen erhöht jede Nahrung die Stuhlfrequenz. Auch kann jede Nahrung Bauchschmerzen verursachen. Eine zu geringe Nahrungsaufnahme führt oft zu Gewichtsverlust und zu Mangelernährung. Leicht verdauliche Nahrungsmittel sind daher zu empfehlen: Reis, Kartoffeln, Nudeln, Fisch, Geflügel, hochwertiges Rind- und Schweinefleisch. Gemüse und Obst sind oft schwer verdaulich - Gemüse unbedingt kochen!

 

Welche Nahrungsmittel machen die Erkrankung schlimmer?

Die Darmentzündung wird durch Nahrungsmittel NICHT beeinflusst. Sehr wohl aber können bestimmte Nahrungsmittel, vor allem Obst und Gemüse, die Beschwerden wie häufigen Stuhldrang, Bauchschmerzen und Blähungen verschlimmern.

 

Welche Nahrungsmittel brauche ich zusätzlich?

Auf frische vitaminreiche Kost achten. In Einzelfällen kann ein Vitaminpräparat nach bestimmten Operationen oder ein Eisenpräparat bei chronischem Blutverlust als Ergänzung sinnvoll sein.

 

Was soll ich unbedingt meiden?

Prinzipiell sollen alle schwer verdaulichen und blähenden Nahrungsmittel vermieden werden. Das sind vor allem Müsli, Weizenkleie, Vollkornprodukte, rohe Milch gläserweise, große Mengen Zwiebel, Porree, Bohnen. Bei Vorliegen einer Darmverengung bei einem MC unbedingt zusätzlich grünen Salat, Spargel, Weintrauben und Bohnschoten vermeiden.

Individuelle Behandlung
Ich nehme mir viel Zeit für Ihr Anliegen. In diskreter Atmosphäre können Sie sich auch mit für Sie unangenehmen Problemen wohlfühlen.
Patientenstimmen
Anfangs wusste keiner, was mit mir los ist. Heute kann ich trotz der Diagnose Morbus Crohn wieder beschwerdefrei leben. Ich konnte sogar die Medikamente absetzen.
Keim entdeckt
Im Zuge meiner Forschungstätigkeiten konnte ein Keim entdeckt werden, der durch Antibiotikaeinnahme schwere Dickdarmentzündungen verursachen kann.